Zusammenfassung des Urteils VD.2016.145 (AG.2017.157): Appellationsgericht
Der Rekurrent hat die Steuerverwaltung um Erlass der kantonalen Steuern pro 2013 und der direkten Bundessteuer pro 2013 gebeten, was abgelehnt wurde. Nach verschiedenen Einsprachen und Rekursen wurde der Entscheid der Steuerrekurskommission, die den Erlass abgelehnt hatte, vom Verwaltungsgericht aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass der Rekurrent in einer finanziellen Notlage ist und die Voraussetzungen für den Erlass gegeben sind. Der Rekurrent hat keine weiteren Schulden oder Vermögen und hat somit Anspruch auf den Erlass der Steuern. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass keine Kosten für das Verfahren erhoben werden.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | VD.2016.145 (AG.2017.157) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 27.02.2017 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Erlass der kantonalen Steuern 2013 und der direkten Bundessteuer pro 2013 |
Schlagwörter: | Rekurrent; Steuerverwaltung; Steuererlass; Erlass; Verfahren; Recht; Entscheid; Person; Rekurs; Bundessteuer; Steuern; Rekurrenten; Einkommen; Steuerrekurskommission; Notlage; Verwaltung; Verfügung; Darlehen; Einkommens; Erlassgesuch; Darlehens; Verwaltungsgericht; Betrag; Einsprache; Verfahrens; Voraussetzung; Gläubiger; Basel |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ;Art. 167 DBG ;Art. 205e DBG ;Art. 244 OR ;Art. 42 BGG ;Art. 8 BV ;Art. 92 KG ; |
Referenz BGE: | 135 III 20; 139 II 243; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Dreiergericht |
VD.2016.145
URTEIL
vom 27. Februar 2017
Mitwirkende
Dr. Stephan Wullschleger,
lic. iur. André Equey, Dr. Heidrun Gutmannsbauer
und Gerichtsschreiber Dr. Peter Bucher
Beteiligte
A____ Rekurrent
[...] Beschwerdeführer
gegen
Steuerverwaltung Basel-Stadt
Fischmarkt10, 4001Basel
Gegenstand
Rekurs und Beschwerde gegen einen Präsidialentscheid der Steuer-
rekurskommission vom 15. Juni 2016
betreffend Erlass der kantonalen Steuern pro 2013 und der direkten Bundessteuer pro 2013
Sachverhalt
Mit Schreiben vom 19. November 2014 ersuchte A____ (Rekurrent) die Steuerverwaltung um Erlass der mit Veranlagungsverfügungen vom 13. November 2014 festgesetzten kantonalen Steuern pro 2013 im Betrag von CHF 1'057.50 und der direkten Bundessteuer pro 2013 von CHF 84.70. Die Steuerverwaltung wies das Gesuch mit Verfügung vom 27. November 2014 ab. Die dagegen mit Eingabe vom 5.Dezember 2014 erhobene Einsprache wies die Steuerverwaltung mit Einspracheentscheid vom 3. März 2015 ab. Gegen diesen Entscheid erhob der Rekurrent mit Eingabe vom 30. März 2015 Rekurs an die Steuerrekurskommission. Das Präsidium der Steuerrekurskommission wies das Gesuch des Rekurrenten um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung mit Verfügung vom 12. Mai 2015 ab und auferlegte ihm, einen Kostenvorschuss in der Höhe von CHF 500.- innert Frist bis zum 13. Juni 2015 zu leisten; dies verbunden mit der Androhung, im Säumnisfall das Verfahren als dahingefallen abzuschreiben. Der Rekurrent wandte sich mit Schreiben vom 29. Mai 2015 erneut an die Steuerrekurskommission und bat darum, auf den Kostenvorschuss zu verzichten und ihm den beantragten Steuererlass zu gewähren. Mit Schreiben vom 2. Juni 2015 erklärte die Steuerrekurskommission dem Rekurrenten, auf ihren negativen Entscheid vom 29.Mai 2015 nicht zurückkommen zu können und überwies gleichentags seine Eingabe als möglichen Rekurs dem Verwaltungsgericht. Dieses trat darauf mit Urteil VGE VD.2015.110 vom 25. November 2015 als Rekurs und als Beschwerde gegen die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Prozessführung als prozessleitende Verfügung ein, hiess beide Rechtsmittel gut, hob die Verfügung des Präsidiums der Steuerrekurskommission vom 12. Mai 2015 auf und wies die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an die Steuerrekurskommission zurück. Diese wies mit Präsidialentscheid vom 15. Juni 2016 den Rekurs betreffend Erlass der kantonalen Steuern pro 2013 sowie die Beschwerde betreffend Erlass der direkten Bundessteuer pro 2013 kostenlos ab.
Gegen diesen Entscheid richten sich der Rekurs und die Beschwerde des Rekurrenten vom 13. Juli 2016, womit er an seinem Antrag auf Steuererlass festhält. Die Steurerrekurskommission und die Steuerverwaltung schliessen mit Vernehmlassung vom 21. September 2016 bzw. 30. September 2016 auf Abweisung des Rekurses und der Beschwerde; der Rekurrent hält mit Replik vom 26. Oktober 2016 an seinem Standpunkt fest. Die Tatsachen und Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen. Das vorliegende Urteil ist auf dem Zirkulationsweg ergangen.
Erwägungen
1.
1.1 Gegen Entscheide der Steuerrekurskommission bezüglich der kantonalen Steuern kann gemäss §171 Abs.1 des baselstädtischen Gesetzes über die direkten Steuern (Steuergesetz [StG]; SG640.100) Rekurs an das Verwaltungsgericht erhoben werden. Zuständig ist das Dreiergericht (§92 Abs.1 Ziff.11 i.V.m. §32 Abs.1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG; SG154.100]). Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsrechtspflege (VRPG; SG270.100).
Gemäss Art.167g des Bundesgesetzes über die direkten Steuern (DBG; SR 642.11) kann die gesuchstellende Person gegen den Entscheid über den Erlass der direkten Bundessteuer dieselben Rechtsmittel ergreifen wie gegen den Entscheid über den Erlass der kantonalen Einkommens- und Gewinnsteuer. Diese Bestimmung ist mit der Revision des Steuererlassrechts auf Bundesebene am 1.Januar 2016 in Kraft getreten (vgl. Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über eine Neuregelung des Steuererlasses [Steuererlassgesetz]; AS 2015 9). Gemäss der übergangsrechtlichen Bestimmung von Art. 205e Abs.2 DBG richtet sich das Einsprache- und Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen (betreffend natürliche Personen), die wie vorliegend vor dem Inkrafttreten des Steuererlassgesetzes ergangen sind, noch nach dem bisherigen Recht (vgl. VGE VD.2016.107 vom 6. Dezember 2016 Ziff. 1.1). Demnach ist nach Art.145 DBG darauf abzustellen, ob das kantonale Recht den Weiterzug des Beschwerdeentscheids (der Steuerrekurskommission) bezüglich der Bundessteuern an eine weitere verwaltungsunabhängige Instanz vorsieht. Sieht das kantonale Recht ein zweistufiges Rekursverfahren für die kantonalen Steuern vor, muss dasselbe Verfahren auch für die Bundessteuern gelten (vgl. BGE130II65 E.6 S.75 ff.). Da das baselstädtische Recht für die harmonisierten kantonalen Steuern ein zweistufiges Rekursverfahren vorsieht, kommt dieses auch für die Bundessteuer zur Anwendung (VGE vom 22.Juni2006, in: BJM2008 S.220ff.; Wullschleger/Schröder, Praktische Fragen des Verwaltungsprozesses im Kanton Basel-Stadt, in: BJM2005 S.277 ff., 287). Im Beschwerdeverfahren der direkten Bundessteuer gelten in erster Linie die Verfahrensbestimmungen gemäss Art.140 - 144DBG, subsidiär jene des kantonalen Rechts über Organisation und Verfahren, insbesondere jene über den Rekurs (Art.145 DBG i.Verb.m. Art.4 Abs.2 und Art.6 der Verordnung des EFD über die Behandlung von Erlassgesuchen für die direkte Bundessteuer [aEV DBG; SR642.121, in Kraft bis zum 31. Dezember 2015] und §1 der baselstädtischen Verordnung über den Vollzug der direkten Bundessteuer [DBStV; SG660.100]).
1.2 Gemäss §13 Abs1 VRPG ist zum Rekurs berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung Änderung hat. Dies trifft auf den Rekurrenten als Adressaten des angefochtenen Entscheids zu. Auf den rechtzeitig erhobenen und begründeten Rekurs und auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
1.3 Die Kognition des Verwaltungsgerichts richtet sich nach der allgemeinen Bestimmung von §8 Abs.1VRPG. Demnach ist zu prüfen, ob die Verwaltung öffentliches Recht nicht nicht richtig angewendet, den massgeblichen Sachverhalt unrichtig festgestellt, wesentliche Form- Verfahrensvorschriften verletzt ihr Ermessen überschritten missbraucht hat.
1.4 Der Rekurrent rügt, dass ihm kein Advokat zugewiesen worden sei. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten wäre es jedoch seine Sache gewesen, einen Advokaten als unentgeltlichen Vertreter beizuziehen. Indessen entsteht dem Rekurrenten aus dem Fehlen professioneller Rechtsvertretung angesichts des Ausgangs des Verfahrens auch kein Nachteil. Dabei hat es sein Bewenden.
2.
2.1 Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, können die aufgrund einer rechtskräftigen Steuerveranlagung im Verfahren der direkten kantonalen Steuern geschuldeten und noch nicht bezahlten Steuern, Zinsen, Verfahrenskosten Bussen einer steuerpflichtigen Person gemäss § 201 StG i.V.m. § 146 der Verordnung zum Gesetz über die direkten Steuern (Steuerverordnung [StV], SG640.110) ganz teilweise erlassen werden, wenn deren Bezahlung infolge einer Notlage für sie eine grosse Härte bedeuten würde.
Mit der Neuregelung des Steuererlasses auf Bundesebene per 1.Januar 2016 wurden einige wesentliche Verordnungsbestimmungen sowie Teile der Gerichtspraxis auf Gesetzesstufe verankert (vgl. zum Ganzen: Botschaft des Bundesrats zum Steuererlassgesetz vom 23. Oktober 2013, BBl 2013 S. 8435 ff. [nachfolgend: Botschaft], 8440 f. und 8447 f.). Ebenfalls auf den 1.Januar 2016 in Kraft gesetzt wurde die neue Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) vom 12.Juni 2015 über die Behandlung von Gesuchen um Erlass der direkten Bundessteuer (Steuererlassverordnung; SR 642.121), die das Erlassverfahren, die Voraussetzungen für den Steuererlass und die Ablehnungsgründe näher konkretisiert und die alte Verordnung des EFD vom 19. Dezember 1994 über die Behandlung von Erlassgesuchen für die direkte Bundessteuer (alte Steuererlassverordnung [nachfolgend: aEV DBG]; AS 1995 595 ff.) ersetzt. Für Verfahren, die (wie das vorliegende) vor Inkrafttreten des Steuererlassgesetzes eröffnet worden, aber noch nicht abgeschlossen sind, stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht. Da die Übergangsbestimmungen dafür keine Regelung enthalten, ist das anwendbare materielle Recht anhand allgemeiner übergangsrechtlicher Grundsätze zu ermitteln. Somit ist die Rechtmässigkeit einer Verwaltungsverfügung grundsätzlich nach der Rechtslage zur Zeit ihres Erlasses zu beurteilen (vgl. BGE 139 II 243 E. 11.1 S.259). Massgebend ist mithin das im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrensabschlusses geltende materielle Recht. Die Anwendung neuen Rechts auf hängige Verfahren erfolgt nur ausnahmsweise, insbesondere wenn die neuen Vorschriften um der öffentlichen Ordnung willen zur Durchsetzung erheblicher öffentlicher Interessen erlassen wurden. Solche Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Die im vorliegenden Beschwerdeverfahren strittigen Steuererlassgesuche sind somit nach aArt.167 Abs. 1 DBG (AS 19911237; in Kraft bis 31.Dezember 2015) und der aEV DBG zu beurteilen (vgl. BVGer A-6903/2015 vom 25.April 2016 E. 3.3; VGE VD.2016.107 vom 6.Dezember 2016 E. 3).
Gemäss aArt. 167 Abs. 1 DBG i.Verb.m. Art. 7 aEV DBG gelten die Voraussetzungen für den Erlass der kantonalen Steuern gleichermassen für Erlassgesuche bezüglich der direkten Bundessteuern. Ein Steuererlass setzt demnach mit den Erfordernissen des Vorliegens einer Notlage und des Bestehens einer grossen Härte zwei subjektive Elemente voraus. Deren Feststellung beruht einerseits auf der Anwendung objektiver Prüfpunkte und andererseits auf der Abklärung aller die steuerpflichtige Person betreffenden relevanten Umstände im konkreten Einzelfall (StRKE 2009-162 vom 26.August 2010 E. 3c, in: BStPra 7/2011 333, m.H. auf BVGE 2009/45 E.2.5; VGE VD.2015.196 vom 25. Mai 2016 E. 2.1).
2.2 Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, liegt eine Notlage gemäss §201 Abs. 2 StG (respektive dem bis zum 17. Dezember 2013 geltenden §146 Abs.2 StV) und aArt. 167 DBG sowie Art.9 f. aEV DBG vor, wenn der ganze geschuldete Steuerbetrag in einem Missverhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person steht. Dies ist bei einer natürlichen Person namentlich dann der Fall, wenn diese die Steuerschuld trotz Einschränkung der Lebenshaltungskosten auf das Existenzminimum nicht in absehbarer Zeit vollumfänglich begleichen kann. In jedem Fall liegt eine Notlage bei Einkommens- und Vermögenslosigkeit vor dann, wenn die öffentliche Hand für die Lebenshaltungskosten der steuerpflichtigen Person und deren Familie aufkommen muss. Dies gilt allerdings nur beim Bezug von Sozialhilfeleistungen uneingeschränkt (VGE VD.2013.155 vom 26.Februar 2014 E.2.2).
2.3 Die zweite Voraussetzung, nämlich die durch die Notlage bedingte grosse Härte für die steuerpflichtige Person, überschneidet sich weitgehend mit dem Kriterium der Notlage selber. Während unter dem Titel der Notlage einzig die wirtschaftliche Lage der gesuchstellenden Person zu prüfen ist, können unter dem Aspekt der grossen Härte auch andere Umstände massgebend sein, namentlich die Unbilligkeit (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 3.Aufl. 2016, Art.167 N30). Ob dies der Fall ist nicht, beurteilt sich primär aufgrund der konkreten Einzelfallsituation zum Zeitpunkt des Entscheids, wobei die Entwicklung seit der Veranlagung, auf die sich das Erlassbegehren bezieht, die Aussichten für die Zukunft sowie die allfällige Freiwilligkeit der Einkommens- und Vermögensminderungen zu berücksichtigen sind (vgl. zum Ganzen: Beusch, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, BandI/2b, 2.Aufl.2008, Art.167DBG N18ff.; Art.3 Abs. 1 aEV DBG). Dabei werden insbesondere die Ursachen geprüft, die zur Notlage geführt haben. Ein Selbstverschulden der gesuchstellenden Person an der Notlage schliesst den Steuererlass nicht aus, wird aber bei der Entscheidung berücksichtigt. Hat sich die gesuchstellende Person freiwillig ihrer Einkommensquellen Vermögenswerte entäussert, so wird ein entsprechender Einkommens- und Vermögensrückgang bei der Beurteilung des Erlassgesuchs nicht berücksichtigt (vgl. VGEVD.2013.155 vom 26.Februar 2014 E. 2.3; StRKE 2009-162 vom 26.August 2010 E. 3c/cc, in: BStPra 7/2011 S. 331, 334). Dies wird in §201a Abs.1 StG für die kantonalen Steuern und in Art.10 Abs. 2 aEV DBG für die Bundessteuern konkretisiert. Nach § 201a StG kann von einem vollständigen teilweisen Erlass abgesehen werden, wenn die steuerpflichtige Person ihre Pflichten im Veranlagungsverfahren schwerwiegend wiederholt verletzt hat (lit.a), im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerforderung trotz verfügbarer Mittel weder Zahlungen leistet noch Rücklagen vornimmt (lit.b), die mangelnde Leistungsfähigkeit durch freiwilligen Verzicht auf Einkommen Vermögen ohne wichtigen Grund, durch übersetzte Lebenshaltung dergleichen leichtsinnig grob fahrlässig herbeigeführt hat (lit.c), während des Beurteilungszeitraums andere gleichrangige Gläubiger Gläubigerinnen bevorzugt behandelt (lit.d) überschuldet ist und ein Erlass vorab ihren übrigen Gläubigern Gläubigerinnen zu Gute kommen würde (lit. e). Gemäss Art.1 Abs.1 aEV DBG soll der Steuererlass explizit zu einer langfristigen und dauernden Sanierung der wirtschaftlichen Lage der steuerpflichtigen Person beitragen. Er hat dabei bestimmungsgemäss der steuerpflichtigen Person selbst und nicht ihren Gläubigern zugute zu kommen, weshalb bei einer Überschuldung infolge geschäftlicher Misserfolge, Bürgschaftsverpflichtungen, hoher Grundpfandschulden, Kleinkreditschulden aufgrund überhöhten Lebensstandards etc. ein Steuererlass nur dann in Frage kommt, wenn neben dem Gemeinwesen auch die übrigen Gläubiger im selben prozentualen Umfang auf ihre Forderungen verzichten (Art. 10 Abs.2 aEV DBG; dazu BVGE 2009/45 E. 2.6.3; BVGer A-1087/2010 vom 4. Oktober 2010 E.2.4.1.2; VGE VD.2015.53 vom 26. Mai 2015 E. 2.3; VD.2013.104 vom 31.Oktober 2013 E.2.2).
2.4
2.4.1 Gemäss der Berechnung der Steuerverwaltung im Einspracheentscheid vom 3. März 2015 übersteigt das monatliche Einkommen des Rekurrenten aus seiner Altersrente sowie den Ergänzungsleistungen und kantonalen Beihilfen seinen betreibungsrechtlichen Existenzbedarf um CHF 159.-. Dieser Betrag sowie die beim Bedarf eingerechneten Steuerrückstellungen von CHF 95.-, mithin CHF 254.-, stünden dem Rekurrenten monatlich zur Verfügung, um seine Steuerschuld von CHF1'161.35 zu bezahlen.
Die Vorinstanz begründet die Abweisung des Erlassgesuchs ebenfalls damit, dass keine Notlage bestehe. Sie hat errechnet, dem Rekurrenten verbleibe ein monatlicher Budgetüberschuss von CHF 160.20, welcher ihm die Begleichung der offenen Steuerforderung von CHF 1161.35 für die kantonalen Steuern und die Bundessteuer pro 2013 innerhalb von rund 8 Monaten und mithin in absehbarer Zeit ermöglichen würde.
2.4.2 Bereits mit seinem Rekurs an die Steuerrekurskommission vom 30. März 2015 hatte der Rekurrent darauf hingewiesen, dass seine AHV-Rente sowie die Ergänzungsleistungen nicht pfändbar seien.
2.4.3 Eine gerichtliche Erkundigung bei der Steuerverwaltung hat ergeben, dass der Umgang mit dem Budgetüberschuss, wie er im Einspracheenscheid der Steuerverwaltung und im angefochtenen Entscheid der Steuerrekurskommission zum Ausdruck kommt, der Praxis der Steuerverwaltung zuwiderläuft. Zwar entspricht die Berechnung der massgebenden Ausgaben unter Einschluss eines monatlichen Betrags für Unvorhergesehenes im Betrag von CHF 150.- jener der Steuerverwaltung. Indessen ist zu beachten, dass gemäss Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) die Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung ebensowenig pfändbar sind wie die Ergänzungsleistungen. Dies gilt auch für die kantonalen Ergänzungsleistungen und mithin für die kantonalen Beihilfen (vgl. BGE 135 III 20 E. 4 S.21 f.; Von der Mühll, in: Basler Kommentar, 2.Aufl. 2010, Art. 92 SchKG N 37). Aus den Akten geht hervor, dass der Rekurrent über kein anderes als solches unpfändbares Einkommen und, wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird, auch nicht über anderes Vermögen verfügt. Die Steuerverwaltung pflegt gemäss ständiger Praxis den Steuererlass zu gewähren, wenn das Einkommen einzig aus unpfändbaren Bestandteilen (AHV, IV, EL) besteht und ein allfälliger monatlicher Budgetüberschuss eine bestimmte Grenze - sie liegt gegenwärtig bei CHF 400.- (Unvorhergesehenes CHF 150.- + Überschuss CHF 250.-) - nicht übersteigt, sowie wenn die übrigen Voraussetzungen (Notlage, Härte, Fehlen von Drittgläubigern, etc.) gegeben sind. Die Steuerverwaltung begründet ihre Praxis damit, dass damit ein mangels pfändbaren Einkommens von vornherein erfolgloses, aber für die steuerpflichtige Person belastendes stigmatisierendes und für die Steuerverwaltung aufwändiges Betreibungsverfahren vermieden werden kann (vgl. VGE VD.2012.9 vom 27. September 2012 E. 3.3.4). Aus dieser Praxis folgt gestützt auf das Gleichbehandlungsgebot gemäss Art. 8 Abs. 1 BV und § 8 Abs. 1 KV für den vorliegenden Fall, dass aufgrund des von der Vorinstanz errechneten Budgetüberschusses eine Notlage vorliegt, welche grundsätzlich zum Steuererlass führt. Nachdem sich die Begründung des vorinstanzlichen Entscheids in diesem einen Punkt erschöpft und sich dieser nun als nicht haltbar erweist, erscheint der Rekurs begründet.
3.
3.1 Wenn das Gericht einen Rekurs für begründet erachtet, so hebt es die angefochtene Verfügung auf und erlässt entweder selbst einen den Streit materiell erledigenden Entscheid weist die Sache an die Behörde zurück, von der die aufgehobene Verfügung ausging (§ 20 Abs. 1 VRPG). Die Rückweisung ist die Regel (Wullschleger/Schröder, a.a.O., BJM 2005, S.277, 308f.; Stamm, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Buser [Hrsg.], Neues Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, Basel 2008, S.477, 513). Ausnahmsweise ergeht ein materielles Urteil etwa in Fällen, in denen eine Rückweisung einem formalistischen Leerlauf gleichkäme, da der zu erwartende Entscheid bereits feststeht (VGE VD.2016.107 vom 6. Dezember 2016; VD.2014.195/196 vom 13. Juli 2015 m.w.H.; VD.2012.189 vom 28. Juni 2013 E. 2.5. m.H.; vgl. auch VD.2011.33 vom 2.Mai 2012 E. 8.4).
3.2 Die Steuerverwaltung hat das vorliegende Erlassgesuch auch gestützt auf zwei weitere Gründe abgewiesen, nämlich wegen Kreditkartenschulden sowie wegen eines Darlehens von CHF 10000.-, welches der Rekurrent B____ gewährt und in der Folge in eine Schenkung umgewandelt habe; an diesen beiden Abweisungsgründen hält die Steuerverwaltung im vorliegenden Verfahren mit ihrer Vernehmlassung vom 30. September 2016 fest. Die Vorinstanz ist auf diese beiden Abweisungsgründe nicht eingegangen, sondern stützt ihren Entscheid einzig auf den Budgetüberschuss. Nachdem sich diese Begründung indessen als unzutreffend erweist, könnte die Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückgewiesen werden. Indessen präsentiert sich die Sache als spruchreif, und um einen formalistischen Leerlauf zu vermeiden, ist auf die beiden offenen Fragen nachstehend einzugehen. Sowohl der Rekurrent als auch die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
4.
4.1 Die Steuerverwaltung hat im Einspracheentscheid erwogen, der Rekurrent habe Kreditkartenschulden bei [...] von CHF 1407.50 und bei [...] von CHF 4380.85. Ein allfälliger Verzicht auf die Steuerforderungen würde diesen Drittgläubigern zugute kommen statt dem Rekurrenten selber. An diesem Standpunkt hält die Steuerverwaltung mit Vernehmlassung vom 30. September 2016 im vorliegenden Verfahren fest.
4.2 Der Rekurrent führt aus, er sei trotz eines vor 30 Jahren erlittenen schweren Unfalls und körperlichen Beeinträchtigungen bis zum siebzigsten Altersjahr berufstätig gewesen. Auch nach einer erneuten Rückenoperation sei er weiterhin mit der Entwicklung eines absolut neuen Solarglasdachs beschäftigt. Unerwartete Auslagen für diese Neuentwicklung hätten zu den Negativsaldi seiner Konsumkreditkarten geführt, die er selbstverständlich abtragen werde.
4.3 Das Verwaltungsgericht hat dazu im vorangegangenen Verfahren betreffend unentgeltliche Rechtspflege (VGE VD.2015.110 vom 25. November 2015 Ziff. 2.5.3) festgehalten, dass diese Schulden nur teilweise fällig sind, und zwar im Umfang der Mindestzahlungspflicht, welche vorliegend gemäss den aufliegenden Unterlagen der beiden genannten Kreditkarteninstitute monatlich einer Quote von ca. 1/20 des Gesamtsaldos entspricht. Angesichts des Umstands, dass die beiden Kreditkarteninstitute vorliegend die Kreditkartenkonti in ähnlicher Art und Weise führen wie Banken ein Kontokorrent - es gibt einen monatlichen Auszug mit dem aktuellen Saldo sowie jenem des Vormonats, den im Vormonat geleisteten Zahlungen und getätigten Transaktionen sowie der für den aktuellen Monat geforderten Mindestzahlung von jeweils ca. 1/20 des Gesamtsaldos, das Ganze bei einer bezifferten Ausgabenlimite, kann bei der Beurteilung der Frage der Bevorzugung von Drittgläubigern beim Steuererlass nicht der - nicht fällige - Gesamtsaldo der Kreditkartenabrechnungen als relevante Drittschuld betrachtet werden. Vielmehr ist monatlich 1/20 des Saldos von vorliegend total CHF 5788.35 zu berücksichtigen, was monatlich ca. CHF 290.- entspricht. Dieser Betrag bleibt deutlich unter dem monatlichen Betrag von CHF400.-, welchen die Steuerverwaltung gemäss ihrer Vernehmlassung vom 30.September 2016 beim Budget von Personen mit ausschliesslich nicht pfändbarem Einkommen aufrechnet. In diesem Umfang sind der steuerpflichtigen Person daher über die Deckung ihres Existenzbedarfs hinaus Zahlungen an Dritte möglich, welche praxisgemäss einem Steuererlass nicht entgegenstehen können. In entsprechenden Abzahlungen kann daher auch keine unzulässige Gläubigerbevorzugung zu Lasten der Steuerverwaltung erblickt werden.
5.
5.1 Schliesslich ist zu prüfen, ob dem Rekurrenten der Steuererlass wegen seinem Verzicht auf die Rückleistung des B____ gewährten Darlehens verweigert werden kann. Hat sich die gesuchstellende Person freiwillig ihrer Einkommensquellen Vermögenswerte entäussert, so wird ein entsprechender Einkommens- und Vermögensrückgang bei der Beurteilung des Erlassgesuchs nicht berücksichtigt (vgl. VGE VD.2016.107 vom 6. Dezember 2016 E. 3.3; vorstehend Ziff. 2.3). Gemäss § 201a lit. c StG kann von einem vollständigen teilweisen Erlass abgesehen werden, wenn die mangelnde Leistungsfähigkeit durch freiwilligen Verzicht auf Einkommen Vermögen ohne wichtigen Grund, durch übersetzte Lebenshaltung dergleichen leichtsinnig grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
5.2 Der Rekurrent hat B____ im Jahr 2002 ein Darlehen gewährt. Gemäss der aufliegenden schriftlichen Bestätigung soll dieses CHF 10000.- betragen haben. Mit seiner Eingabe vom 26. Oktober 2016 behauptet der Rekurrent nun aber, ihr tatsächlich bloss CHF 6000.- übergeben zu haben. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben. Massgebend erscheint im vorliegenden Fall, dass mit diesem Darlehensrückzahlungsanspruch keine Steuerforderung beglichen werden kann. Wie aus den Akten hervorgeht, sind seit 2004 Inkassomassnahmen des Rekurrenten erfolglos geblieben. Zu beachten ist weiter, dass der Abschluss eines Schenkungsvertrags durch den Austausch übereinstimmender Willenserklärungen erfolgt (vgl. Art. 244 OR). Wie den Akten entnommen werden kann, wurde die angebliche Schenkung der Darlehensnehmerin gegenüber zu keinem Zeitpunkt erklärt. Die Schenkungserklärung ist allein gegenüber dem Amt für Sozialbeiträge erfolgt, weil dieses dem Rekurrenten bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen trotz fehlender Leistungen jährlich den Betrag von CHF 400.- als Zins auf dem ausstehenden Darlehensguthaben aufgerechnet hatte. Dem Schluss der Steuerverwaltung, dass mit dieser vorbehaltlosen Erklärung gegenüber einem Dritten das Darlehen untergegangen wäre, kann nicht gefolgt werden. Da Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der ausstehende Darlehensbetrag bei der Darlehensnehmerin hätte erhältlich gemacht werden können, kann dem Rekurrenten die gegenüber dem Amt für Sozialbeiträge aus ergänzungsleistungsrechtlichen Gründen erklärte Schenkung nicht im vorliegenden Steuererlassverfahren als Vermögensverzicht entgegengehalten werden.
5.3 Zu beachten ist im Übrigen, dass gemäss unbestrittener Darstellung des Rekurrenten die Kenntnis der bestehenden Darlehensforderung der Gewährung des Steuererlasses durch die Steuerverwaltung für die Jahre 2012 und früher sowie auch für 2014 nicht im Wege gestanden ist. Die Berücksichtigung des Verzichts auf dieses Aktivum als Grund für die Verweigerung des Steuererlasses pro 2013 steht daher im Widerspruch zur bisher unterbliebenen Berücksichtigung des Aktivums selber. Von einer freiwilligen Herbeiführung einer mangelnden Leistungsfähigkeit durch den allein dem Amt für Sozialbeiträge gegenüber erklärten Verzicht kann daher keine Rede sein.
6.
Andere Guthaben Schulden hat der Rekurrent nicht. Zusammenfassend ist somit vom Vorliegen einer Notlage und dem Bestehen einer grossen Härte im Sinne des Gesetzes auszugehen, womit die Voraussetzungen für den Erlass der kantonalen Steuern pro 2013 und der direkten Bundessteuer pro 2013 gegeben sind. Dem Erlassgesuch ist mithin zu entsprechen, zumal die Voraussetzungen dafür gegeben sind, einen den Streit materiell erledigenden Entscheid im Sinne von § 20 Abs. 1 VRPG zu fällen (so auch VGE VD.2016.107 vom 6. Dezember 2016; vgl. vorstehend Ziff. 3).
Diesem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist auf die Erhebung von Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verzichten.
Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):
://: In Gutheissung des Rekurses und der Beschwerde werden der Präsidialentscheid der Steuerrekurskommission vom 15. Juni 2016, der Einspracheentscheid der Steuerverwaltung vom 3. März 2015 und die Verfügung Steuererlass der Steuerverwaltung vom 27. November 2014 aufgehoben, und es werden A____ die kantonalen Steuern pro 2013 und die direkte Bundessteuer pro 2013 erlassen.
Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
Mitteilung an:
- Rekurrent
- Steuerverwaltung
- Steuerrekurskommission
- Eidgenössische Steuerverwaltung
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
Dr. Peter Bucher
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
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